im Männerhaus

das Männerhaus von Yentschan, das Haus in welchem wir knapp eine Woche wohnen werden


inmitten der grünen Wiese , mit Palmen und Büschen umgeben ist der Platz irgendwie mystisch, ganz besonders wenn dann noch die Regeln welche hier gelten erklärt werden. So ist es zum Beispiel Frauen nicht erlaubt den Platz zu betreten, weisse Frauen dürfen aber hier wohnen - die einfache Erklärung dafür ist: Weisse Frauen sind wenig wert, in der Rangordnung kommen sie nach den Kindern und Schweinen.


Langhaus der Iatmül


geschnitzte Dachfigur soll die bösen Geister fern halten


der Hüter der Trommeln


Buschtrommeln im Männerhaus der Iatmül


der heilige Stuhl


allerlei Masken und Kultgegenstände im oberen Stock des Männerhauses


grosse Ahnenmaske


Kultgegenstände am Dachfirst


Votu und Dominik, meine persönlichen Betreuer


der Geschichten nach war der älteste Bewohner des Dorfes noch Kopfjäger


Votu, beim zubereiten eines fettigen , moosigriechenden Sepikfisches


abends im Männerhaus


Gute Stimmung am offenen Feuer!


die junge Steelband zeigt uns ihr Können


Votu an der Flöte


ein Kultbaum

An einem Morgen gehen wir auch zu einem kleinen dörflichen Markt. Die Frauen bieten hier viel Fisch an, Welse aus dem Sepik. Geräuchert und am Feuer gebraten schmecken diese ganz gut,  wenn man mal vom schlammigen Geruch und dem hohen Fettanteil absieht, wie wir dann gleich am Mittag erfahren.
Ein kurzer Bootsausflug zeigt uns die Arbeit des Fischens. Die Frauen - und nur die Frauen- fischen mit Reusen aus geflochtenen Palmblättern. Wenige Männer versuchen mit Speeren auf gut Glückdurch stochern in Ufernähe auch Welse zu ergattern, was zu meiner Verblüffung auch gelingt, jedenfalls erwischt John innerhalb 30 min 4 Stück. Was so harmlos und fotogen aussieht ist wegen der vielen Krokodile eine  lebensgefährliche Sache für die Frauen. Innerhalb eines Jahres, so sagt man uns, sind alleine in Yentschan  8 Menschen von Krokodilen gefressen worden. Diese Tatsache ist zurzeit ein grosser Zankapfel im Dorfe und abends im Männerhaus  wurde mit uns immer wieder dies diskutiert und unsere Meinung gefragt: Jahrelang wurden die grossen Krokodile in der Umgebung erlegt, sodass ihre Anzahl beschränkt war und kaum Menschen angegriffen wurden. Der WWF hat dann die Sepikkrokodile unter rigorosen Schutz gestellt, so wurde die Population extrem erhöht und die Gefahr für die einheimischen Fischerinnen, welche oft in kleinen Nebenflüssen fischen um ein vielfaches erhöht. Die Menschen hier sind verunsichert, sie ringen um die durchaus verständliche Entscheidung ob sie nun den Forderungen der Regierung und des WWF nachkommen sollen oder jährlich einen Teil ihrer Frauen opfern sollen.  Für mich ist dies beinahe unverständlich und ein Beispiel wie Natur- und Artenschutz mit der lokalen Bevölkerung zur Kollision führt wenn er denn stur und  unnachgiebig ist.
Aus unserer Sicht wäre eine Entscheidung wohl schnell gefunden, für die Iatmül  spielen aber der soziale Status innerhalb der Gemeinschaft eine wichtige Rolle. So geniessen die Greise das höchste Ansehen, dann die Väter, dann Männer im besten Alter, Initianten und zum Schluss Frauen, Kinder  und Weisse.Zwischendurch unternehmen wir ausgedehnte Wanderungen in den Busch, immer unter Führung unserer Betreuer. In den Dörfern abseits des Flusses ist alles etwas anders, die Männer sind etwas bärtiger und auch schlanker, ihre Häuser sind grösser und prachtvoller nach aussen, aber innen dafür ärmlich und schmutzig. Die Natur ist vielfältig, blühende Sträucher, Schmetterlinge in allen Farben, Libellen, ein Dickicht von Lianen Efeu und hängenden Moosen. In Nanguasah trinken wir Kokosmilch im "grünen Krug", herrlich erfrischend, dann werden grosse geflochtene Masken und allerlei einheimische Kunst ausgebreitet und zum Kauf angeboten. Noch immer sind die Männer mit den Initiationsmerkmalen, den Narben des Krokodils auf Brust und Rücken versehen. Wir gehen weiter, vorbei an einem prächtigen Geisterhaus mit farbigen Masken an den Aussenwänden. Weiter Gaigarobi, dem Endziel. Wieder gibt es Kokosmilch, es ist mörderisch heiss. Die Wanderung ist herrlich, viele bunte Schmetterlinge, so gross wie Nastücher, blühende Pflanzen am  Strassenrand, überall sind wir willkommen und das ganze Dorf  - jedenfalls die Männer- kommen ins Männerhaus. Weitere Ausflüge führen uns nach Palimbe, welches einen aussergewöhnlich schönen Dorfplatz hat. Die Frauen knüpfen speziell schöne Bilum's, das sind Tragnetze, meist aus Naturfasern. Auf einem Nebenfluss des Sepik gelangen wir auch in ein Dorf namens Aibom, einem sehr wichtigen alten Zentrum der Sepikkultur. Wie immer werden wir nach einer herrlichen Bootsfahrt herzlich begrüsst. In Aibom werden sehr schöne Töpfereien hergestellt, vor allem Feuerschalen, Sago Töpfe und Backschalen. Leider sind die Keramiken etwas zu gross zum Mitnehmen, immerhin ein kleiner Krug hat bis in die Schweiz überlebt.  Wir steigen auf einen kleinen Hügel neben dem Dorf und geniessen eine wunderbare Aussicht auf einen rieseigen See in der Umgebung, welcher aber gerade mal 2 m tief ist. Wir fahren auch ein kurzes Stück auf dem flachen See, es ist die Heimat der Tschambrie, ein Stamm welcher ebenfalls stark verwandt mit den Stämmen am Sepik ist.

Abend am Sepik

Initiations-Rituale am Sepik (Iatmül)
eines Abends im Männerhaus: wir sind gespannt, heute sollen uns die Männer von Yentschan von den Geheimnissen um die Initiationsriten der Iatmül erzählen.Es ist eine für mich  sehr komplizierte und fast unbegreifliches Ritual welches aber lebendig wird wenn ich ringsherum die vielen Kultgegenstände sehe, die räumlichen Abgrenzungen und all die Männer welche die Prozedur bereits überstanden haben. So ist zu verstehen, dass Frauen und Kinder das Männerhaus niemals betreten dürfen, denn hier ist die Stätte der Herrscher, hier wird Politik gemacht. Kinder haben weibliches Blut in sich welches zuerst gegen männliches Blut ausgetauscht werden muss. So geschieht es eines Tages, Dass der Vater das Gefühl hat seinen Sohn in die Männergesellschaft einzuführen. Er bespricht das im Männerhaus mit anderen Vätern, es wird ein Preis festgelegt (kann schon mal 200 Kina = 600 CHF sein) für Unkosten, ein Termin fixiert und dann ein Pate bestimmt. Dieser Pate muss ist oft ein Schwesterbruder, also Onkel.
Das ganze Männerhaus wird nun hermetisch mit einem Grasgürtel umzäunt sodass keine Blicke durchdringen können, die jungen Burschen werden nackt ausgezogen,  nur mit einem Grasbüschel bedeckt werden sie durch eines der vier ausgesparten Löcher in das Innere des Männerhausplatzes gejagt. Dort erwartet  sie eine Tracht Prügel, um sie zu züchtigen und sie auf die nachher zu erduldenden Schmerzen vorzubereiten. Dabei wird mit einer scharfen Rasierklinge in die Haut geschnitten, zuerst um die Brustwarzen, dann am Bauch, dann wird am Rücken ein Muster geschnitten welches dem Biss eines Krokodils ähneln soll. Dabei muss der junge Mann splitternackt auf einem umgedrehten Kanu liegen, er darf nicht mit der Wimper zucken, trotz unheimlicher Schmerzen. Das Blutbad hat den Zweck alles kindliche Blut aus dem Körper abzulassen.  Dann wird der Jüngling mit Ruten geschlagen, einige der Rutenschläge kann auch der Pate stellvertretend für sein Patenkind entgegennehmen. Nun wird der junge Mann  mit Pflanzen abgewischt, in einzelnen Dörfern werden die Wunden zusätzlich mit Kalk beschmiert, was später speziell grosse Narben zur Ehre an die Krokodilfrau Kanda ergibt. Mit  dieser schmerzhaften Narbentätowierung durchlaufen die jungen Flussbewohner der Iatmül noch einmal ihren Ursprungsmythos. Nun werden alle ins Männerhaus geführt, es wird viel Essen aufgetischt, der junge Mann soll nun viel essen damit er wieder zu Kräften kommt und neues männliches Blut gebildet  wird. Um alle Gedanken an Weiblichkeit und Kindheit auszulöschen tanzen nun seine Mutter und ihre Schwestern in sexuell perversem Stil vor seinen Augen, er schämt sich um seine Mutter. Zum Schluss kommt nun noch sein Pate als altes Weib gekleidet, tanzt vor seinen Augen in weibischen Gesten und Zoten. Dann wird der junge Mann ins Haus seiner Mutter zurückgebracht, wird im Elternhaus von Mutter und Geschwistern gepflegt und umsorgt ohne aber mit ihm zu reden. Wenner wieder einigermassen bei Kräften ist und die Wunden am heilen sind geht er nun ins Männerhaus, welches im jetzt offen steht. Er verbringt nun einige Wochen im Männerhaus, ihm wird nun männliches Verhalten neu beigebracht, er wird von Grund auf wie ein Neugeborener behandelt, sozusagen eine Rekrutenschule nach Papua-Art. Nach und nach lernt er die Geheimnisse seiner Vorväter kennen, er wird in die Mythologie seines Stammes eingewiesen und über all die Zeremonien, Geister, Ahnenkult und Politik unterrichtet. Als nun vollwertiger Mann kann er sich eine Frau suchen, eine Familie gründen, muss sich aber auch bei Stammesfehden als Krieger und Kämpfer beteiligen. 
Die Schilderungen über die Initiation junger Burschen am Sepik waren unglaublich interessant. Es wurde eine lange Nacht, denn die Erklärungen wurden meist, auf Grund mangelnder Sprachkenntnissen, in Bilder erzählt oder vorgeführt. Jürg hat mit seinen Kenntnissen in Pidgin-englisch  (Tok Pisin in PNG) viel zur Verständigung beigetragen. 

Wenn ich so in die Runde sehe im Männerhaus, kann ich sogar diesen Initiationsriten eine gewisse Berechtigung erkennen. Die Männer der Iatmül strotzen vor Gesundheit, sind ausserordentlich gut gebaut und kräftig. Durch die Initiation hat also eine Selektion stattgefunden, den nur die Gesunden und Starken überleben. Dies  sichert wohl zum grossen Teil  den Fortbestand dieser Menschen am Sepik.


 

mit Sonnenuntergang und Palmen